Warum du den Weg aus der Essstörung nicht schaffst – und wie du das ändern kannst

Wie oft hatte ich versucht, den Weg aus der Essstörung loszugehen. Wie oft war ich gescheitert. “Nichts funktioniert". Sagte ich mir immer und immer wieder, doch was ich dabei nicht zugab, war, dass ich zwar rauswollte, aber bei dem kleinsten Hindernis, das kam, sofort alles hinschmiss.

  • Ein Kilo mehr auf der Wage? Ok, das reicht, ich mache nicht weiter.

  • Doch wieder einen Essanfall? Ok, ja dann hat es eh keinen Sinn.

  • Das Coaching, was mir so gut tat, zu teuer. - Ok ich gebe auf und finde keine Wege mehr, es doch irgendwie finanzieren zu können.

und so machte ich nie weiter und versank dann wieder in meiner Frustrationsstarre, in der ich mir die ganze Zeit einredete, dass ich einfach ein hoffnungsloser Fall bin und genauso geht es ganz vielen Menschen. Sie wollen zwar ihre Essstörung hinter sich lassen, aber dennoch schaffen es nur wenige.

Warum?

Weil sie nicht bereit sind die Schritte zu gehen, die es braucht, um an das Ziel zu kommen. Sie lassen sich aufhalten von dem stärksten Körperteil, das wir haben - dem Kopf. Der Kopf sendet Angst, eigentlich um uns zu schützen – aber zu 99% hält uns diese Angst klein und hindert uns daran weiterzugehen.

Die Angst vor dem Unbekannten

Eine Essstörung zu überwinden, bedeutet Neues auszuprobieren. Dinge, anders zu machen als bisher, auch wenn es erstmal Angst macht. Es bedeutet Gewohnheiten loszulassen, die – so destruktiv und zerstörend sie auch sind – das Gefühl von Kontrolle und Sicherheit geben. Die Essstörung ist über die Jahre zu einer vertrauten Begleiterin geworden und der Gedanke, diese „Begleiterin“ loszulassen, kann unglaublich Angst machen. Gedanken wie z.B:

  • Dann nehme ich unendlich zu.

  • Dann darf ich mir nichts mehr gönnen.

  • Dann habe ich nichts mehr.

kreieren einen Tornado im Kopf und für viele ist die Ungewissheit vor dem Neuen schlimmer als die bekannte Qual der Essstörung. Sie wollen heilen, aber sobald sie die Angst spüren, bleiben sie stehen. Die Angst vor dem nächsten Schritt lässt sie zurückweichen und in ihr altes, vermeintlich sicheres Verhaltensmuster zurückfallen.

Das Schneckenhaus der vermeintlichen Sicherheit

Sobald man die Angst und die Unsicherheit spürt, zieht man sich schnell zurück in sein inneres, vertrautes Schneckenhaus, wo man gemeinsam mit der Essstörung schon seit Jahren lebt. Es ist eng, dunkel und es tut weh in diesem Haus, aber man kennt es wenigstens und fühlt sich somit vermeintlich sicher.

Klar, wer will sich schon freiwillig der Angst stellen? Doch genau das ist das Problem. Das Schneckenhaus gibt dir zwar das Gefühl geschützt zu sein, aber es zerstört dich auch, denn es verhindert dein Wachstum. Wenn du immer wieder in dein Schneckenhaus zurückkehrst, nimmst du dir die Möglichkeit, echte Heilung und Freiheit zu erfahren. Du gibst die Leitung über dein Leben an deine Angst ab, anstatt die Verantwortung für dein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Der Wunsch allein reicht nicht

Ich hatte diesen Wunsch so lange. Den großen Wunsch von einem Leben in Freiheit und ohne die Essstörung, aber irgendwann verstand ich, dass der Wunsch allein nicht ausreicht, um zu heilen. Es braucht mehr. Es braucht Mut, die Schritte zu gehen, die notwendig sind, um wirklich die Essstörung hinter sich zu lassen.

Heilung bedeutet, sich den eigenen Ängsten zu stellen, die auf diesem Weg auftauchen. Es bedeutet, die Komfortzone zu verlassen, auch wenn es beängstigend ist. Es bedeutet, bereit zu sein, die Schritte zu gehen, auch wenn sie unangenehm, schmerzhaft oder herausfordernd sind. Und ja ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es absolut nicht leicht ist und es Momente gibt, in denen man weinen zusammenbricht und aufgeben will, aber weißt du was, wenn du weitergehst, dir Pausen gönnst und immer ein kleines Stückchen mehr gehst, dann schaffst du das!

Wie du den Mut findest, die nächsten Schritte zu gehen

  1. Die Angst akzeptieren: Der erste Schritt, um deine Angst zu überwinden, ist, sie zu akzeptieren. Je mehr du sie verdrängst, desto lauter wird sie. Nimm sie an und frage sie, was sie braucht und was du tun kannst, damit sie leiser werden kann.

  2. Kleine Schritte machen: Du musst nicht von heute auf morgen deine Essstörung hinter dir lassen. Oft ist es viel leichter kleine Schritte zu gehen und die Essstörung darf dich zu Beginn auch noch begleiten, bis du irgendwann selbst merkst, dass du sie nicht mehr brauchst.

  3. Unterstützung suchen: Geh den Weg nicht alleine, sondern suche dir Unterstützung von Menschen, die dich verstehen und für dich da sind – sei es ein Therapeutin, eine Selbsthilfegruppe oder eine Coach. Die richtige Unterstützung kann dir helfen, besser mit der Angst umzugehen und den Mut zu finden, weiterzumachen.

  4. Verbinde dich mit deinem Warum: Erinnere dich regelmäßig daran, warum du diesen Weg gehst. Visualisiere, wie dein Leben ohne die Essstörung aussieht und wenn dir das schwer fällt, dann denke daran, was du nicht mehr willst und drehe das dann um in das was du willst. Immer wieder in Verbindung zu gehen mit dem Warum kann dir die Kraft geben, auch dann weiterzugehen, wenn die Angst groß ist.

  5. Vertrauen in den Prozess: Heilung ist ein Prozess, und es wird auch schwierige Tage geben. Vertraue darauf, dass jeder Schritt, den du gehst – so klein er auch sein mag – dich deinem Ziel näher bringt.

Schlussgedanken

Ich kenne die Angst und ich habe sie selbst auf meinem Weg aus meiner 22-jährigen Essstörung überwunden. Sie ist real und darf nicht ignoriert werden. Aber lass dich nicht von ihr abhalten, denn hinter dieser Angst, wartet deine Freiheit auf dich.

Wenn du losgehen willst, aber Angst hast, dann melde dich bei mir und wir finden heraus, wie ich dich am besten unterstützen kann.

Es ist nicht immer leicht, aber es ist´s so wert!
bis dahin alles Liebe

Deine Julia

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