3 Gründe warum du Angst vor einer Zunahme hast

Eine der größten Hürden auf dem Weg raus aus der Essstörung ist die Angst vor der Zunahme. Wie oft hast du dir schon vorgenommen, dass ab morgen alles anders sein wird? Dass du ab morgen wirklich aufhörst mit den Essanfällen? Dass du ab morgen wirklich wieder isst? Und dass ab morgen, dein neues Leben beginnt?

Und wie oft hast du dein „Ab morgen“ panisch abgebrochen, sobald du eine Zunahme bemerkst hast? Aber warum ist eine Zunahme mit so vielen unangenehmen Gefühlen verbunden?

Grund 1: Fatphobie in unserer Gesellschaft

Wir wachsen in einer Gesellschaft auf, die uns von klein auf darauf trainiert, dass dick sein und zunehmen nicht gut sind. Bereits in Kinderfilmen sind die bösen und gemeinen Charaktere oft dargestellt als Menschen mit hässlichen Fratzen und viel Körpergewicht. Wir assoziieren also bereits als Kinder.

Dick sein = Böse sein

Weiter geht es dann mit unzähligen Filmen, in denen völlig normalgewichtige Frauen als dick und unansehnlich repräsentiert werden und dass sie aufgrund ihres Aussehens Probleme haben, welche sich dann aber auf magische Weise lösen, sobald sie abgenommen haben. Denn sobald sie endlich “schlank und schön” sind, kriegen sie den Job, wird der Traumprinz aufeinmal aufmerksam auf sie und verändert sich alles zum positiven. Wir lernen also wieder

Schlank sein = gemocht werden und Erfolg haben

Zudem häufen sich die Zeitschriften, in denen man auf mehreren Seiten sehen kann, welcher Star den Summerbody hat und welcher sich richtig gehen hat lassen, kombiniert mit Abnehmtipps und Crashdiäten. Auch Sendungen, in denen dicke Menschen als faul, dumm und ohne Kontrolle dargestellt werden, verstärken dieses Image.

Fakt ist, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der zunehmen nicht einfach nur zunehmen ist, sondern:

Zunehmen = faul,undiszipliniert, erfolglos, das Leben nicht im Griff haben

Abnehmen = beliebt, erfolgreich, stark, überlegen

In einer solcher Gesellschaft zuzunehmen und seinem Körper den Raum zu geben, den er braucht, um wirklich gesund zu werden, kann Angst machen.

Frage dich aber, was dir wichtiger ist:

Dich einer Gesellschaft auf alle Kosten anzupassen und dich selbst dafür zu zerstören oder deine Gesundheit und dein eigenes Wohlergehen voranzustellen?

Grund 2: Du identifizierst dich über deinen Körper

Die letzten Jahre hast du so viel Zeit, Gedanken und Energie darauf verwendet deinen Körper in eine bestimmte Form zu trimmen und hast bestimmt auch Reaktionen dafür im Außen bekommen. Vielleicht bist du die besonders Schlanke in deinem Freundeskreis, oder die richtig Sportliche oder die wirklich Disziplinierte. Du weißt gar nicht, wer du ohne deinen Körper bist, da du deinen kompletten Selbstwert auf deinem Aussehen aufgebaut hast. Und deshalb hast du so eine große Angst vor der Zunahme.

Du weißt nicht wer du ohne diesen dünnen Körper bist.

Ich zum Beispiel war immer die Dünnste von allen und die, die am meisten essen konnte und das hat mir lange Zeit ein Gefühl der Überlegenheit gegeben und das Gefühl besonders zu sein. Mein Dünnsein und mein Aussehen waren das einzige Besondere an mir – zumindest dachte ich das damals.

Wenn du merkst, dass das auch für dich zutrifft, frag dich hier:

  • Wer bin ich eigentlich?

Und beantworte diese Frage ohne dein Aussehen und Körper zu benennen, ohne zu sagen wie alt du bist und wo du wohnst, ohne deinen Beruf oder Ausbildung zu erwähnen.

  • Wer bist du?

  • Wie bist du?

  • Was magst du?

  • Was magst du nicht?

  • Was ist dir wichtig im Leben?

  • Was sind deine Charaktereigenschaften?

  • Wofür schätzen dich deine Freundinnen und Freunde?

Grund 3: Deine Angst versteckt eine andere Angst

Die Angst zuzunehmen lenkt dich ab, von einer tieferen Angst, die du nicht spüren möchtest. Wann genau in deinem Leben kamst du auf die Idee abzunehmen, viel zu essen, zu brechen? Wie ging es dir damals, als du beschlossen hast, dass Gewicht zu verlieren, deinen Körper zu verändern oder Fressanfälle zu haben, eine wirklich tolle Idee wäre?

Lass mich raten. Nicht gut.

Wahrscheinlich ist damals etwas in deinem Leben passiert, was sich schrecklich angefühlt hat. Du hast dich hilflos und ohnmächtig gefühlt und das Einzige, was du in dieser Situation kontrollieren bzw. benutzten konntest, war dein Körper und dein Essen. Dein System hat sich also gespeichert: Es gibt etwas, was sich richtig schrecklich anfühlt. Und es fühlt so schrecklich an, dass ich das nie wieder fühlen möchte. Ich kann es verhindern das zu fühlen, indem ich meinen Körper kontrolliere, oder indem ich viel esse, indem ich extrem viel Sport mache und meine Gedanken immer nur um mein Aussehen kreisen lassen.

Deine Angst vor dem Zunehmen verschleiert eigentlich nur eine Angst bzw. ein Gefühl, das du auf keinen Fall fühlen möchtest.

Frage dich:

  • Was bedeutet eine Zunahme für mich?

  • Was ist anders wenn ich 5,10,15 Kilo mehr wiege?

  • Was ist das Schlimmste, das dann passieren kann?

  • Was verbinde ich mit einer Zunahme? (z.B nicht mehr gemocht zu werden, nicht mehr schön zu sein, nicht mehr erfolgreich zu sein ect.)

  • Ist das wirklich wahr, dass ich nicht mehr gemocht werden, nicht mehr schön bin ect. wenn ich zunehme?

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass eine Zunahme zu Beginn mit viel Traurigkeit und unguten Gefühlen verbunden ist und für jeden Schritt den du weitergehst, kannst du unglaublich stolz auf dich sein, auch wenn es sich erstmal nicht so anfühlt!

Die Zunahme ist der größte Akt der Selbstliebe, den du für dich und für deinen Weg aus der Essstörung tun kannst und wenn du Unterstützung möchtest für diesen Weg, kannst du dich jederzeit bei mir melden.

Bis dahin, alles Liebe

Deine Julia

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Angst vor der Zunahme. 6 Dinge, die dir helfen, trotzdem weiterzugehen

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Warum der Satz “Iss wie vor deiner Essstörung” mir nicht geholfen hat