Der Moment, der alles veränderte
Wie zwei Tage alles verändern können
Ich war seit 20 Jahren in einer Spirale aus Nicht essen, mich überfressen und kotzen und war unglaublich dünn. Noch heute frage ich mich manchmal, wie mein Körper es geschafft hat mich so lange weiterleben zu lassen.
Im Mai 2020 kam es zu einem Ereignis, das mein Leben für immer verändern sollte. Nach einem langen Wochenende mit ungefähr 12 Fress- und Kotzattacken war ich am Rande meiner Kräfte. Ich lag zitternd auf dem Küchenboden, um mich herum leere Essenspackungen, Tüten und dreckiges Geschirr. Ich zitterte so stark, dass ich mich für eine Stunde in warmes Wasser legte, doch das Zittern hörte nicht auf, zusätzlich bekam ich einen schrecklichen Durchfall und zwei Tage später stieg meine Körpertemperatur auf 41 Grad an. Ich konnte mich kaum noch bewegen vor Schmerzen und nach vier langen, verzweifelten Tagen, rief ich endlich den Krankenwagen. Ich wurde sofort ins Krankenhaus eingeliefert, wo ich auf eine isolierte Station kam und für 36 Stunden Tests an mir durchgeführt wurden. Ich bekam mehrere Infusionen und durfte nur Wasser trinken.
Das erste Mal wirklich allein
Da alles so schnell gegangen war, hatte ich mein Handyaufladegerät vergessen und war für zwei Tage völlig alleine mit mir. Das erste Mal nach 20 Jahren völlig allein mit meinen Gedanken und Emotionen und kein Essen, um mich von ihnen abzulenken. Ich begann über mein Leben nachzudenken, meinen Weg und die Essstörung, die mich hierhergebracht hatte und ich traf eine Entscheidung.
Meine größte Entscheidung
Ich wollte das nicht mehr. Ich wollte endlich ein freies Leben leben. Ich wollte nicht mehr vor jedem Essen checken, ob ein Klo in der Nähe ist und die Spülung stark genug ist. Ich wollte keine Tage und Wochen mehr verschwenden, in denen ich mich allein zuhause isolierte und Essen in mich reinstopfte nur um es dann wieder rauszukotzen. Ich wollte keine Ausreden mehr erfinden und Lügen erzählen, um meine Essstörung zu verstecken.
Ich wollte endlich frei sein. Essen wenn ich es fühle und stoppen, wenn ich satt bin. Essen genießen, meinen Körper mögen und nicht jeden Morgen als erstes und vor dem Einschlafen als letztes an Essen denken.
Nach meinem Krankenhausaufenthalt begann ich sehr langsam wieder zu essen und am Anfang auch nur bestimmte Dinge. Trotzdem war das ein erster, riesengroßer Schritt für mich, denn es war das erste Mal seit 15 Jahren, dass ich tatsächlich jedes Essen, das ich aß, auch in meinem Körper behielt. Die ersten zwei Monate verliefen sehr gut, bis auf einmal eine Schwierigkeit auftauchte.
Erfahre in meinem nächsten Blogartikel wie es weiterging und was mir half durchzuhalten.
Bis dahin alles Liebe
Julia