Die Kunst des “sich bereit fühlen”
Wir alle kennen das Gefühl.
Ich fühle mich noch nicht bereit!
Ich bin erst bereit, wenn ich die und die Ausbildung habe.
Ich bin erst bereit, wenn ich mich so und so fühle.
Ich bin erst bereit, wenn ich so und so viel abgenommen habe, wenn ich dies besser mache und das besser kann, wenn ich da noch ein bisschen Erfahrung gesammelt habe...
Ja, wenn ich einfach endlich diese Sicherheit spüre, bereit zu sein!
Was hat es auf sich mit diesem Gefühl?
Erst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Gefühle immer gute Intentionen haben und uns davor schützen wollen, verletzt zu werden oder in Gefahr zu kommen.
Stell dir mal vor du hättest keine Angst?
Du würdest über jede Straße laufen, ohne nach links und rechts zu schauen. Angst ist also per se nicht immer etwas Schlechtes. Auch das Gefühl „Ich bin noch nicht bereit“ ist an sich nichts Schlechtes und auch seine Intention ist es, uns in unserer Komfortzone zu halten, in der wir nicht verletzt werden können.
Doch leider kann es dabei nicht immer ganz unterscheiden, wann es sich wirklich zum Schutz melden soll, oder wann wir es eigentlich gar nicht brauchen.
Wann hattest du das letzte Mal eine Situation, in der du eigentlich eine große Motivation hattest, etwas zu verändern in deinem Leben?
Vielleicht wolltest du mehr Bereitschaft in einem neuen Projekt zeigen oder mit der einen Freundin ein Gespräch nach einem Streit führen oder dich aus der, dir nicht guttuenden,Beziehung lösen und auf einmal kam diese Stimme:
„Ähm Moment mal!! Halt! Das kann ich jetzt nicht machen!! Ich bin doch eigentlich gar nicht bereit. Ich fühls einfach nicht“
(Und diese Stimme kann sehr, sehr laut sein.)
Mal angenommen du könntest dich mit dieser Stimme unterhalten und sie fragen: Was bräuchtest du, um dich bereit zu fühlen?
Was würde sie sagen?
Und wenn dir nichts einfällt, wäre es dann nicht nicht möglich etwas zu tun, für was du dich nicht bereit fühlst OBWOHL du das Gefühl „Ich bin nicht bereit“ spürst?
So oft bleiben wir stecken, weil wir in einen Wenn – dann Gedankenstrudel kommen. Aber warum muss es immer ein, „Wenn – dann sein“? Wäre es nicht eine Möglichkeit die Option „Sowohl – als auch“ in Betracht zu ziehen?
Wenn ich mich zurück erinnere an meine letzten 10 Jahre und an einige der wichtigsten Entscheidungen denke, die ich getroffen habe und bei denen ich mich ganz und gar nicht bereit gefühlt habe, dann erinnere ich mich daran:
War ich bereit Deutschland zu verlassen, mein komplettes Leben hinter mir zu lassen, in ein Land zu ziehen wo ich die Sprache nicht sprach und niemanden kannte?
Absolut Nein!
Habe ich es trotzdem gemacht? Ja!
War ich bereit damals als Tour Guide in Rom zu arbeiten mit einem Mikro vor dem Mund und täglich 3-6 Stunden 20 Menschen oder mehr von der römischen Geschichte zu erzählen und sie, so gut es geht, zu unterhalten?
Absolut nein! Ich erinnere mich an meine ersten Touren, in denen ich tausend Tode gestorben bin.
Habe ich es trotzdem gemacht? Ja!
Als ich in der toxischsten Beziehung meines Lebens war, absolut emotional abhängig von einem Mann, der mich grottigst behandelte (oder anders gesagt, von dem ich mich so behandeln ließ) habe ich mich jemals bereit gefühlt diese Beziehung zu beenden und allein weiterzugehen?
Hundert Mal Nein!
Habe ich es irgendwann trotzdem gemacht, trotz der Angst, trotz des Gefühls nicht bereit zu sein und es nicht zu schaffen. Ja!
Triggerwarnung Gewicht.
War ich bereit nach 22 Jahren Essstörung aufzuhören mich täglich zu übergeben und in Kauf zu nehmen 25 Kilo zuzunehmen?
Nein, Nein, Nein.
Habe ich es trotzdem gemacht? Trotz des täglichen Gefühls in den ersten 6 Monaten nicht bereit zu sein, trotz der panischen Angst immer mehr zuzunehmen und trotz des absoluten Verlustes jeglicher Kontrolle?
Ja!
Warum?
Weil ich mit jeder Entscheidung persönlich gewachsen bin und gelernt habe mit diesem Gefühl umzugehen und Dinge zu machen, OBWOHL ich mich nicht bereit fühle.
Weil ich an meinem Selbstbewusstsein gearbeitet habe und gelernt habe mich selbst zu halten, in mir selbst einen Safe Space zu kreieren und unangenehme Gefühle zu spüren und mich nicht von ihnen unterbuttern zu lassen.
Weil ich gelernt habe mir selbst die Selbstermächtigung zu geben, weiterzugehen, auch wenn der Weg für eine kurze Zeit unangenehm und im Falle einer Trennung eventuell auch mal einsam ist.
Weil ich gelernt habe mir Ziele zu setzen und mich darauf zu konzentrieren, wo ich hinwill, OBWOHL ich mich ganz oft noch nicht bereit fühle.
But guess what?
Danach schaue ich oft zurück und denke „Oh, das war weniger schlimm als gedacht“ und „Wow, was habe ich alles Neues auf dem Weg gelernt!“
Was kannst du also tun, wenn dieses Gefühl “nicht bereit zu sein” dich anfängt zu blockieren?
Frage dich bewusst:
Ist diese Situation wirklich eine Situation, in der ich nicht bereit bin?
Kann ich mir zu absolut 100% sicher sein?
Was mache ich, wenn ich diesen Gedanken glaube, wie verhalte ich mich dann?
Was bräuchte ich, um mich bereit zu fühlen?
Was brauche ich, um loszugehen, OBWOHL ich dieses Gefühl spüre?
Ich weiß, es ist nicht immer leicht, aber es ist’s so wert!
Falls du Unterstützung brauchst dein „Ich fühle mich noch nicht bereit“ aufzulösen, melde dich gerne bei mir und wir schauen uns das in einem Coaching gemeinsam an.
Bis dahin alles Liebe
Julia